… das verschiebe doch auf Morgen?! Oder nicht?!
Wenn ich anfange, monatelang nicht sortierte Schubladen aufzuräumen, Dinge zu verkaufen, meinen Kleiderschrank auszumisten, überzufällig oft die Wohnung zu putzen oder sehr viel zu bloggen, dann ist mit Sicherheit gerade wieder Prüfungszeit und ich übe mich in Prokrastination – oder zu Deutsch Aufschieberitis.
Und ich muss gestehen, seit ich herausgefunden habe, dass es dafür sogar ein lateinisches (!, Info am Rande: procrastinatio = Vertagung, aus pro = für und cras = morgen) Fachwort gibt, bin ich irgendwie beruhigt, denn das Ganze hat nicht mehr so einen negativen Touch. Im Gegenteil, auf so dem Uni-Campus hört man sogar manchmal einen Hauch Stolz in dem Satz „Ich prokrastiniere“, während der Sprecher auf der Wiese in der Sonne liegt, mit seinem Hefter unter dem Kopf. Offensichtlich ist es eine neue Trendsportart, unangenehme Dinge, wie Lernen, Hausarbeiten schreiben oder Ähnliches, auf unbestimmte Zeit zu verschieben – wer da nicht mitmacht, ist selber Schuld.
Wikipedia definiert das Phänomen übrigens wie folgt:
Aufschieben, auch Prokrastination (…) oder Bummelei (…) ist das Verhalten, als notwendig, aber unangenehm empfundene Arbeiten immer wieder zu verschieben, anstatt sie zu erledigen. Aufschieben gilt als schlechte Arbeitsgewohnheit. Drei Kriterien müssen erfüllt sein, damit ein Verhalten als Prokrastination eingestuft werden kann: Kontraproduktivität, mangelnde Notwendigkeit und Verzögerung.
Hört sich doch irgendwie fast wie eine Erkrankung an oder? Ursachen für das Aufschieben von Dingen gibt es viele, die man sogar ganz fachmännisch oder -frauisch in psychologische Modelle einbinden kann. (Wer hier interessiert ist, sei auf einschlägige Online-Lexika verwiesen). Doch – für mich als Psychologin sehr schade – wird Prokrastination (bisher) nicht als psychische Krankheit anerkannt – damit sind die Träume all derer geplatzt, die gehofft haben, dagegen gäbe es ein Mittel einer handelsüblichen Marke, die mit guten Preisen und guter Besserung wirbt.
Nun ist es nicht so, dass mich meine Aufschieberitis langfristig gesehen wirklich stört – dank Unmengen von Kaffee und einiger Nachtschichten habe ich bisher noch jede Prüfung gemeistert und Hausarbeit pünktlich abgegeben. Aber seien wir ehrlich, irgendwie nervig ist es schon, oder?
Ich habe mich gefragt, was die Bibel eigentlich dazu sagt und dazu erst einmal – wie man das heute eben so macht – „Was sagt die Bibel zu Prokrastination?“ gegoogelt. Gar nicht so einfach, da etwas zu finden, denn plötzlich landete ich bei merkwürdigen Bibelexemplaren wie der „Karriere-Bibel“ oder der „Self-Publisher-Bibel“, die alle mehr oder minder schlaue Ratschläge zu dem Thema verteilten.
Einige Bibelstellen konnte ich dann aber doch noch finden:
Zum Einen betont die Bibel, dass wir erkennen müssen, was wichtig ist und worauf es ankommt. Wir sollen also Prioritäten setzen (Philliper 1,9-10):
Ich bete zu Gott, dass eure Liebe immer reicher wird an Einsicht und Verständnis. Dann könnt ihr in jeder Lage entscheiden, was das Rechte ist (und werdet an dem Tag, an dem Christus Gericht hält, rein und ohne Fehler dastehen).
Hier geht es zwar um den Tag, an dem Jesus uns richtet, aber auch für unseren Alltag können wir lernen, die richtigen Prioritäten zu setzen und zu unterscheiden, ob etwas gerade notwendig ist oder noch Zeit hat.
Galater 6,7 weist uns darauf hin:
Macht euch nichts vor! Gott lässt keinen Spott mit sich treiben. Was der Mensch sät, das wird er auch ernten.
Wie oft betrügen wir uns selbst? „Ich lerne später, wenn ich dieses Buch zu Ende gelesen, mein Spiel fertig, mich mit meiner Freundin getroffen habe“… Am Ende des Tages stellen wir oft fest, dass wir nicht mehr wirklich viel von den eigentlich wichtigen Dingen geschafft haben. Doch letzlich können wir weder uns noch Gott etwas vor machen – wir ernten, was wir säen. Und wenn wir das „Säen“ vor uns aufschieben, dann wird unsere „Ernte“ sehr mager ausfallen (so manche lange vor mich hin prokrastinierte Prüfung habe ich zweimal geschrieben).
Auch das Prediger-Buch hat hierzu etwas zu sagen (Prediger 11, 4):
Wer immer nach dem Wind sieht und auf das passende Wetter wartet, der kommt weder zum Säen noch zum Ernten.
Wenn wir nur unsere Schränke aufräumen, Wohnungen putzen oder Hobbys pflegen und dabei die eigentlich wirklich dringenden Aufgaben vergessen – also immer nur auf das passende Wetter warten – verpassen wir Saat und Ernte – und würden irgendwann „verhungern“.
Die Bibel sagt uns also nicht „Du sollst nichts vor dir aufschieben“, Sprüche 21, 5 rät uns sogar dazu, uns erst einmal einen Plan zu machen. Doch Gottes Wort macht uns auch klar, dass wir Prioritäten setzen und die wirklich wichtigen Dinge anpacken müssen, wenn wir ein gutes Ergebnis möchten – von nichts kommt nichts.
Am siebten Tag hatte Gott sein Werk vollendet und ruhte von aller seiner Arbeit aus.
Wir können und sollen nicht unentwegt arbeiten (Prediger 12,12 warnt uns davor) – aber ist eine Pause oder eine Ablenkung durch andere Dinge nicht viel schöner, wenn man die eigentliche Aufgabe erledigt hat?!