„Läuft bei mir“, „Yolo“ und Co

Ich fühle mich alt! Ich bin 23 Jahre und fühle mich alt. Und zwar dann, wenn ich die Top30-Votingliste für das „Jugendwort des Jahres 2015“ lese und nicht ein einziges davon ohne die Erläuterung für die Oldies darunter verstehen würde – „Tinderella“, „Swaggetarier“ und „gesichtspalmieren“ liest man da, neben „Eierfeile“ (in alt: Fahrrad), Egoshoot (in alt: Selfie) oder bambus (in alt: cool).
Die „Best-Of“-Liste der letzten Jahre macht mir jedoch wieder Mut. Mit „Gammelfleischparty“, „hartzen“ und „Niveaulimbo“ kann ich ungefähr etwas anfangen, selbst „Babo“ kommt mir irgendwie bekannt vor – aber was bitte heißt denn „Swag“ oder „Yolo“? Hier brauchte ich erst Aufklärung durch Wikipedia und Co, um eine Ahnung davon zu erhalten, was damit gemeint ist.
Anders verhält es sich beim Vorjahressieger. Der Spiegel schreibt dazu:

Heute ist das Jugendwort des Jahres ein Satz, in dem man jedes Wort kennt und ihn trotzdem nicht versteht: „Läuft bei dir.“

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Für mich bedeutet der Satz so viel wie „Bei mir ist alles in Ordnung, mir geht’s gut“, laut der Jury des Langenscheidt-Verlags, der alljährlich das Jugendwort des Jahres kürt, meint der Satz auch „Du hast es drauf!“, kann als Synonym für  „cool“ und „krass“ oder aber auch ironisch als genau das Gegenteil meinend verwendet werden – alles klar?!

Abgesehen von meiner Vermutung, dass nicht mal jeder Jugendliche die ganzen ach so hippen Jugendwörter kennt, sind sie ein faszinierendes Phänomen. Als Mittel der Abgrenzung von der Welt der Erwachsenen sind sie ein Weg, einen Platz für sich zu schaffen. Gleichzeitig bieten sie aber in meinen Augen viel Raum, um sich dahinter zu verstecken: Fragt mich jemand, wie es mir geht, so ist es doch einfacher mit einem coolen „Yolo, Bro, läuft bei mir“ zu antworten, als vielleicht auch einmal einzugestehen, dass es mir gerade vielleicht nicht so gut geht und ich mich gar nicht so nach „Babo“, „Swag“ und Co. fühle…
Wie oft tragen wir Masken im Alltag, verhalten uns anders, als wir uns fühlen, beantworten Fragen nach unserem Wohlbefinden nicht ehrlich. Und das aus verschiedensten Gründen: Weil es einfacher ist, als die Wahrheit zu sagen; weil nicht die „richtigen“ Personen fragen, weil die Situation unpassend ist etc.
Manchmal haben wir uns auch jahrelang eine Mauer um uns und unser Herz aufgebaut, um uns vor Angriffen, Verletzungen und Enttäuschungen zu schützen.
Ich finde, jeder sollte mindestens einen Menschen in seinem Leben haben, bei dem er alle Masken fallen lassen und alle Mauern einreißen kann. Sei es die Familie, ein Partner, gute Freunde, ein professioneller Helfer oder wer auch immer. Doch manchmal reicht das nicht – Menschen können Erwartungen nicht immer gerecht werden und wenn ich erwarte, dass jemand anderes mich glücklich macht oder dafür sorgt, dass es mir stets gut geht, kann das schnell zu Enttäuschungen führen.
Deshalb habe ich neben vielen wunderbaren Menschen in meinem Leben noch eine größere Konstante, die hinter meine Mauern und Masken sieht: Jesus Christus.
Er ist immer da, er ist ernsthaft daran interessiert, wie es mir geht – und er versteht jedes „Läuft bei mir“ genau so, wie es eigentlich gemeint ist. Er weiß in jeder Sekunde, wie es mir tief in Herz und Seele geht:

„Doch der Herr sagte zu ihm: (…) Denn ich urteile nach anderen Maßstäben als die Menschen. Für die Menschen ist wichtig, was sie mit den Augen wahrnehmen können; ich dagegen schaue jedem Menschen ins Herz.“(1. Samuel 16,7)

Ich wünsche dir, dass du – falls noch nicht vorhanden – Menschen und Konstanten in deinem Leben findest, die hinter deine Masken sehen und sich nicht mit einem „Yolo, Bro, läuft bei mir“ zufrieden geben.

Noch kurz zum Jugendwort des Jahres: Bis Oktober kann noch abgestimmt werden. Das Internetvoting favorisiert momentan „merkeln“ (34%) und „rumoxidieren“ (13%), zu meinen persönlichen Favoriten zählen „Smombie“ und „Genussoptimierer“.